Trüberbrook

Trüberbrook ist ein deutsches Point & Click Adventure aus dem Jahr 2019. Finanziert durch eine erfolgreiche Kickstarter Kampagne und unterstützt durch das Medienboard Berlin-Brandenburg.

Vollständig vertont mit den prominenten Stimmen von Nora Tschirner, Dirk von Lowtzow und Jan Böhmermann.

Die Webseite howlongtobeat.com gibt die durchschnittliche Spielzeit mit fünfeinhalb Stunden an. Was gut hinkommt, denn nach knapp sechs Stunden eines langen Nachmittags war ich durch. Ohne fremde Hilfe. Ein schweres Spiel ist „Trüberbrook“ folglich nicht. Aber dazu später mehr.

Worum geht’s?

Die Geschichte beginnt mit einem Prolog. Irgendwo im Nirgendwo des Jahres 1967, der Zeit des Kalten Krieges, tief in einer sternenklaren Nacht, strandet Gretchen mit leerem Tank und überhitztem Motor an einer geschlossenen Tankstelle. Es gilt ihr Motorrad für die Weiterfahrt wieder fit zu bekommen.

Es folgt eine kurze Rätselei in klassischer Adventure-Manier. Gegenstände anklicken und untersuchen, einsammeln und an geeigneter Stelle zum Einsatz bringen.

Schnell ist das Zweirad wieder auf die Straße gebracht und es folgt ein Szenenwechsel. Ein klappriger Bus kämpft sich eine gewundene und nicht gerade vertrauenserweckende Bergstraße hinauf.

An Bord der vermutlich einzige Fahrgast, Hans Tannhauser. Ein amerikanischer Student der Quantenphysik mit deutschen Wurzeln, der einen Aufenthalt in dem fiktiven Luftkurort Trüberbrook gewonnen hat. Ohne jemals bewußt an einem Gewinnspiel teilgenommen zu haben.

Abgesetzt an einer kleinen Bushaltestelle in der Nähe eines malerischen Sees wird schnell wird klar, dass die Hauptsaison in der kleinen Ortschaft vorüber sein muss. Wenn es denn je eine gegeben hat. Denn Trüberbrook wirkt zunächst so gut wie ausgestorben.

Und so schleppt Hans zunächst seinen Koffer vorbei an kleinen Fachwerkhäusern zur einzigen Pension am Platz, ein Etablissement mit dem klingenden Namen „Waldeslust“. In der bereits Gretchen neben der Rezeption in eine Zeitung versunken sitzt.

Ein paar Dialoge weiter hat der Protagonist unseres Spiels ein einfaches aber komfortables Gästezimmer bezogen und die erste Nacht seines Urlaubs kann kommen.

Jetzt nimmt die Geschichte Fahrt auf. Denn Tannhausers Nachtruhe wird jäh durch einen mysteriösen Eindringling gestört, der sich an Hans Koffer zu schaffen macht und dessen wissenschaftliche Aufzeichnungen mitgehen lässt. Tannhauser nimmt die Spur auf und gemeinsam mit Gretchen, einer Anthropologin auf der Suche nach einem Germanengrab, kann das große Rätseln beginnen.

Das Abenteuer erstreckt sich über insgesamt fünf Kapitel und die unterschiedlichsten Schauplätze in und um Trüberbrook. Darunter eine Seilbahnstation, eine unheimliche Höhle, ein verrücktes Sanatorium, ein gruseliger Sumpf und viele weitere Orte. Dabei trifft man auf zahlreiche Dorfbewohner, von denen einer seltsamer als der andere ist.

Puzzleteil für Puzzleteil setzt sich die Geschichte Trüberbrooks vor dem Spieler zusammen und die Identität des nächtlichen Eindringlings wird gelüftet.

Oder wie in der Pressemappe des Entwicklers „btf GmbH“ geschrieben steht: „[Hans] ist vielleicht nicht zufällig in Trüberbrook – er ist dort, um die Welt zu retten.“

Wie es sich spielt

Wie eingangs geschrieben, ist „Trüberbrook“ kein besonders schweres Spiel. Die Steuerung ist simpel. Ein klassisches Rad, mit den Optionen „Sprechen“, „Betrachten“, „Nehmen“ und „Benutzen“.

Im Vergleich zu klassischen Adventures handelt es sich aber um kein Inventarspiel. Die Gegenstände, die man bei sich trägt, sind stets gut überschaubar. Und da sich „Benutzen“ der jeweiligen Situation automatisch anpasst, wird ein Gegenstand, der an einer bestimmten Stelle nicht verwendet werden kann, erst gar nicht angezeigt. Also kein „Das geht so nicht.“ oder „Das kann ich hier nicht verwenden.“.

Hotspots können jederzeit eingeblendet werden, was ein lästiges Suchen nach Interaktionsmöglichkeiten unnötig macht.

Diese Vereinfachung ist eine bewusste Entscheidung des Entwicklerteams, und nichts was man dem Spiel ankreiden könnte:

[…] Though we draw a lot of inspirations from the great classics, we streamlined the game design for a more modern and casual approach. The puzzles and their implementation are intentionally fairly easy compared to the great classics, the inventory system is reduced and the whole experience itself is rather relaxed and slow-paced.

Was hingegen ein wenig zu kurz kommt, sind die Dialoge im Spiel. Nur wenige Rätsel lösen sich durch geschickt geführte Gespräche. Und nicht immer passen die zur Auswahl angebotenen Sätze auch zur jeweiligen Situation. So hat man zum Beispiel tief im Inneren eines Stollens mit Gretchen bereits so manches Rätsel gelöst und ist in das Geheimnis des Berges vorgedrungen, besitzt aber als Dialogoption immer noch „Ich habe dein Camp draußen gefunden.“. Eine Tatsache, die gefühlt schon Stunden her ist.

Und auch nicht jeder Witz im Spiel ist ein Brüller (Stichwort „Massagestab“).

Dafür existieren aber auch zahlreiche Referenzen auf Klassiker des Point & Click Genres, wie eine Zeile aus Money Islands Beleidigungsfechten.

In einigen Situationen ist die Auswahl einer Dialogoption auch an einen Timer gebunden. Wie man es aus den Spielen der Firma Telltale kennt. Aber dieser Spielmechanismus wird so verschwind gering eingesetzt, dass er mir zunächst gar nicht aufgefallen ist.

Stärken und Schwächen

Was „Trüberbrook“ ganz klar auszeichnet ist sein Grafikstil. Eine jede Szene des Spiels, sowie alle Hintergründe, wurden zunächst in Form von Miniaturen gebaut, mit einem 3D Scanner digitalisiert, überarbeitet und mit Animationen und Effekten erweitert. Ich möchte nicht wissen, was für ein Aufwand das gewesen sein muss. Aber er hat sich auf alle Fälle gelohnt. Der Stil des Spiels ist etwas ganz Einzigartiges und gefällt mir sehr. Auf dem YouTube Kanal Adventure Treff kann man einen Einblick in den Produktionsprozess bekommen.

Wo es dünn wird, sind die Handlung, und der Tiefgang der Charaktere. Die Pressemappe spricht noch vollmundig von „Liebe“, „Freundschaft“ und „Selbstfindung“. Davon ist im fertigen Produkt meiner Meinung nach nicht allzu viel übergeblieben. Die fast schon als Bromance gestaltete Beziehung Hans Tannhausers zu dem nächtlichen Eindringling wirkt eher befremdlich auf mich. Und auch die Motivation und Wandlung Gretchens (so viel sei verraten) hätte noch besser ausgestaltet werden können.

Die Aussage des Entwicklerteams, dass die Stimmung und Dramaturgie „Trüberbrooks“ durch TV- Serien wie „Twin Peaks“ und „Akte X“ inspiriert sei, kann man gerade noch so stehen lassen.

Fazit

Eine 10/10 ist „Trüberbrook“ jetzt nicht. Auch wenn die Idee und das Setting sehr ansprechend sind.

Aber bei der Ausgestaltung der Geschichte und der Protagonisten ist noch deutlich Luft nach oben.

Dennoch habe ich mich gut unterhalten gefühlt. Vielleicht auch gerade deshalb, weil alle Rätsel mehr oder weniger mit Logik plus ein wenig Suchen und Ausprobieren schnell lösbar sind. Bis auf eine einzige Stelle im Spiel bin ich so gut wie nie länger festgehangen. Wenn auch die eine oder andere Rätselkette etwas zu langatmig geraten ist.

Für Point & Click Fans ist „Trüberbrook“ auf alle Fälle eine Empfehlung.