(to) prune: abschneiden, ausschneiden, beschneiden, stutzen
Prune ist nun der letzte Indie-Titel, den ich vor kurzem zusammen mit INKS, Chameleon Run, LIMBO und Human Resource Machine auf mein iPhone geladen habe.
Cultivate what matters. Cut away the rest.
Ein Spiel von Joel McDonald, Musik komponiert von Kyle Preston. Der Soundtrack auf Bandcamp läuft auch gerade im Hintergrund, während ich die ersten Teile meines Reviews tippe.
Ganz meins war Prune nicht. Aber ich versuche so gut wie möglich mein subjektives Empfinden von mehr objektiven Eindrücken zu trennen. Spielen ist immer eine subjektive Erfahrung. Es ist ja mein ICH das spielt.
Wie man spielt
Zunächst einmal worum geht es eigentlich? Es geht um das Pflanzen und Beschneiden von Bäumen verpackt als Puzzle.
Ein einfacher Fingerwisch lässt einen Baum aus dem Boden wachsen. Diesen Baum gilt es nun zum Erblühen zu bringen. Hierzu muss der Baum durch geschicktes Zuschneiden aus dem Schatten ins Licht geführt werden. Ist der Baum erblüht, so ist das jeweilige Level gelöst. So weit, so einfach. Es wäre jedoch kein Puzzle, wenn der Entwickler dem Spieler dabei nicht auch Steine in den Weg legen würde, die es durch geschicktes Stutzen des Baumes zu umgehen gilt.

In den leuchtenden Bereich kann ein Baum gepflanzt werden. Durch eine passende Geste kann noch gewählt werden, ob der Baum gerade aus dem Boden schießen oder nach rechts bzw. links geneigt wachsen soll.

Durch Abtrennen von Ästen gilt es den Baum aus dem Schatten der schwarzen Kugel zu führen. Abgetrennte Äste entziehen dem Baum keine Energie mehr, so dass er in andere Richtungen seine Triebe sprießen lassen kann.

Der Baum wurde ins Licht ausgerichtet und ist erblüht. Das Level ist erfolgreich abgeschlossen.
Das Zuschneiden eines sprießenden Baumes erfolgt durch eine simple Geste. Ein einfaches Wischen mit dem Finger über einen Ast und schon ist der Zweig abgetrennt.
Insgesamt bietet Prune 48 Level über fünf Spielwelten (I – V) verteilt. Jede Welt zeichnet sich durch eine besondere Herausforderung aus. Gilt es zunächst nur Schatten zu verlassen, so steht man bald vor der Schwierigkeit den Baum nicht gegen Wände wachsen zu lassen, rote Kugeln zu umgehen oder aber den Baum mithilfe einer Lichtquelle in die gewünschte Richtung zu lenken.

Ein Kontakt mit Wänden lässt den Baum absterben, Rot vergiftet ihn schleichend.
In manchen Leveln weht zusätzlich Wind, was die Ausrichtung des Baums erschwert.
In höheren Leveln gilt es rotierenden Sägeblättern auszuweichen, Schalter zu bedienen oder aber mehrere Bäume in Folge zu pflanzen.
Um ein faires Review schreiben zu können, habe ich Prune komplett gespielt und mich auch einigen Bonusherausforderungen gestellt. Eins vorne weg, Prune ist gut durchspielbar. Ein paar U-Bahn Fahrten waren ausreichend. Und auch die Herausforderungen sind bisher gut lösbar.
Bonusziele
Hat man das Ende des Spiels erreicht, so werden Bonusziele freigeschaltet, gekennzeichnet durch blaue Sterne.

Soweit ich es verstanden habe, gilt es nun den Baum blau erblühen zu lassen. Aber so richtig klar ist es mir immer noch nicht. Und ich habe schon das eine oder andere Bonusziel erreicht (siehe auch „Objektives“).

War es hier Aufgabe den Baum an der blauen Blume vorbei wachsen zu lassen? Ich weiß es nicht.
Features
Das Interface ist wie im App Store angepriesen sehr minimalistisch.

In-App Käufe oder Ähnliches gibt es nicht.
Das Screenshot-Feature war gerade für dieses Review nützlich.
Ansonsten kann noch die Sprache gewechselt werden. Mir unklar, wofür dies bei einem Spiel ohne jeglichen Text notwendig ist.
Meinen Fortschritt zurücksetzen möchte ich vorerst nicht.
Musik und Ton aus bzw. an sind Standard. iTunes Musik wird nicht automatisch gekappt.

Objektives
Zunächst zum objektiveren Teil meiner Kritik.
Die Wisch-Geste ist doppelt belegt, zum einen für das initiale Anstoßen des Wachstums, zum anderen für das Zuschneiden von Ästen und Zweigen. Gerade zu Beginn eines Levels muss man mitunter recht schnell Äste abtrennen. Dies hat aber häufig zur Folge, dass man unabsichtlich einen neuen Baum pflanzt. Der bereits gepflanzte geht dadurch verloren, etwas das mir ziemlich oft passiert ist.
Nicht immer hat man ein Level in seiner Gesamtheit im Blickfeld. Zoom und Verschieben des Bildschirminhalts erfolgen über eine Zwei-Finger Geste. Aber gerade beim Verschieben verfällt man leicht in den Ein-Finger Modus und schon ist ein wichtiger Ast, wenn nicht der Ganze Baum abgesägt.
Oft war mir nicht klar, was noch zum Abschluss eines Levels fehlt. Prune deutet ein nahes Ende durch ein Funkeln am oberen Bildschirmrand an. Aber dieser Hinweis hat sich mir lange nicht erschlossen. Und selbst dann wusste ich nicht, was noch fehlt. Ein, zwei zusätzliche Blüten? Mehr?
Gerade gegen Ende eines Levels, wenn oft nicht mehr viel zum Abschluss fehlt, sind die Äste eines Baums mitunter schon so verwachsen, dass nicht ersichtlich ist welchen Zweig man noch getrost abtrennen kann, um dem Baum ein Weiterwachsen zu ermöglichen. Ein falscher Schnitt und das Level kann erneut begonnen werden.
Das Level-Design ist nicht optimal. Ich hatte oft das Gefühl, dass Level innerhalb einer Welt nicht wirklich aufeinander aufbauen. Und gerade die fünfte Welt, die den Abschluss bildet und eigentlich die schwerste sein sollte um dem Spieler noch einmal alles abzuverlangen, war in knapp 10 Minuten bewältigt.
Letztendlich sind die Bonusziele nach wie vor für mich unverständlich. Wie weiter oben bereits geschrieben gilt es nun wohl den Baum mit blauen Blüten zu füllen. Aber was zu Erfolg bzw. einem Fehlschlagen führt grenzt an „Trial and Error“. Auch ist mir nicht klar, ob nur die mit einem blauen Stern gekennzeichneten Level Bonusziele beinhalten. Oder muss ich mir erst die Möglichkeit erspielen ein Bonusziel erreichen zu können? Falls ja, wie?
Subjektives
So, nun zum subjektiven Teil.
Das Zurechtschneiden der Zweige erinnert unweigerlich an die Pflege eines Bonsai-Bäumchens, eine Tätigkeit der etwas meditatives innewohnt. Ein Bild, dass auf Prune nicht so recht passen will. Mitunter kommt ganz schön Hektik dabei auf, einen schnell in die Breite wachsenden Baum daran zu hindern an Hindernisse zu stoßen. Ich hätte mir ein Puzzle gewünscht, das abgesehen von der ruhigen Hand, dem Bonsai-Gedanken näher ist als Prune. Der im App Store angepriesene Zen-Moment hat sich auf alle Fälle bei mir nicht eingestellt.
Ein weiterer Bruch stellt für mich das Durchmischen der Spielelemente dar. Ein Bäumchen mit Kirschblüten, die der Wind am Ende eines jeden Levels davon trägt. Soweit stimmig. Aber eine rote Sonne, die das Bäumchen vergiftet? Schalter? Kreissägen? Das passt dann doch besser zu Super Meat Boy.
Fazit
Um Prune letztendlich doch wertschätzen zu können reicht ein Blick in die Danksagung.

Ein Entwickler, ein Komponist, fertig. Auch wenn Prune an einigen Stellen etwas unvollendet wirkt, so handelt es sich doch um eine herausragende Leistung.
Vor allem fasziniert mich das organische Wachstum der Bäume. Auch wenn der Baum eines jeden Levels die gleichen Ausgangsparameter für sein Wachstum zu besitzen scheint, so würde ich als Softwareentwickler einiges dafür geben den Algorithmus kennen.

Allein dies rechtfertigt in meinen Augen die zahlreichen Preise und Nominierungen, die Prune im Jahr 2015 eingefahren hat.
