Darkseed

Dem Hause Cyberdreams entstammt ein großartiges Spiel namens I Have No Mouth, and I Must Scream. Und dann ist da noch Darkseed.

Wem kann man dieses Adventure aus dem Jahre 1992 eigentlich empfehlen? Hardcore Point & Click-Enthusiasten, Spielearchäologen und HR Giger-Fans. Punkt. Darkseed ist einfach kein gutes Spiel.

Man spielt Mike Dawson, einen ambitionierten Schriftsteller, der geplagt von höllischen Kopfschmerzen in dem von ihm kürzlich erworbenen Anwesen aufwacht. Ist auch kein großes Wunder, da ihm bösartige Aliens, beheimatet in der Dark World, im Schlaf ein Gehirnimplantat eingepflanzt haben. Dumm gelaufen. Wieso, weshalb, warum? Außerirdische führen halt Menschenversuche durch. Quia scientiae.

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Die Handlung von Darkseed erstreckt sich über drei Tage. Aufstehen, Aspirin einwerfen, duschen, den Geheimnissen der Dark World auf die Spur kommen. Gibt es einen Weg, sich aus den Fängen der Aliens zu befreien?

Darkseed ist wahrlich Old-School. Inzwischen als Freeware erhältlich, musste ich einen DOS-Emulator entstauben. Dafür lief es aber erstaunlich gut. Keine Abstürze, Probleme mit Speicherständen, oder ähnliches.

Im rot umrandeten Bereich spielt sich alles ab. Der Rest ist Textausgabe und reine Dekoration. Was für eine Platzverschwendung. Apropos Text, Adventure-typische Dialoge kennt Darkseed nicht.

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Zwischen jeden Screen haben die Entwickler eine deutliche Ladezeit gepackt. Das Spiel zieht sich.

Zeit spielt bei Darkseed eine wichtige Rolle. So sind bestimmte Ereignisse an die Uhrzeit im Spiel geknüpft, wie die Zustellung von Paketen, Anrufe, oder aber das Erscheinen von NPCs. Punkt 22:00 Uhr fällt man erschöpft ins Bett. Besser man ist dann auch zuhause. Was bis dahin nicht erledigt wurde, fehlt einfach. Es bleibt kaum Raum für Entdeckungstouren.

Gezeichnet ist Darkseed eigentlich wunderschön. Die Animationen und Zwischensequenzen sind dafür nichts. Die Gesichtszüge der Bibliothekarin zum Beispiel sind mehr als gruselig umgesetzt. Als Screenshot leider nur schwer wiederzugeben.

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Äußerst positiv überrascht war ich hingegen von der musikalischen Untermalung. Ich muss mal in den Tiefen des Internets nach dem Soundtrack suchen.

Was aber wirklich unterirdisch ist, sind die Puzzle, der Kern eines jeden Adventure Games. Mir ein Rätsel, wer das je ohne Lösungsheft durchgespielt haben soll. Ich erinnere mich noch gut daran, wie mein Kumpel Christian und ich Darkseed als Teenager das erste Mal in Händen gehalten haben. Als große Giger und Alien Fans war der Titel natürlich ein Muss für uns. „Wow, man kann durch einen Spiegel eine dunkle Alienwelt betreten!“ Das war’s dann aber auch schon. Recht schnell haben wir wieder aufgegeben. Kein Vergleich mit Indiana Jones and the Fate of Atlantis, erschienen im selben Jahr.

Hier ein Beispiel. An Tag 2 sitzt man in der Dark World in einer Gefängniszelle ein. Es gibt kein Entkommen, es sei denn man hat eine Haarklammer im Gefängnis der lichten Welt unter dem Kopfkissen der dortigen Zelle platziert. Da kommt man vielleicht noch drauf. Ist dann aber schon mindestens einmal gescheitert. Wie kommt man aber an die Haarklammer? Die liegt an Tag 1 am Boden der Bibliothek! Ich habe mal einen Screenshot eingefügt, um zu zeigen wie bizarr das ist. Hat man den schwarzen Fleck auf dem Parkett übersehen, so führt kein Weg zurück. Das Spiel ist gelaufen. Speicherstand laden. Sofern man denn einen hat. Genau das ist mir passiert. Höchste Frustration.

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Ansonsten handelt es ich bei Darkseed um klassische Adventure-Kost. Gegenstände einsammeln und miteinander kombinieren. Das Inventar füllt sich.

Die Dark World ist wirklich „schön“. Bei HR Giger auch nicht anders zu erwarten. Wobei einem recht schnell auffällt, dass hier in erster Linie recycelt wurde. So richtig neue Kunst ist nicht zu sehen.

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Als Fazit bleibt, dass Darkseed keine Empfehlung und schon gar kein unterbewertetes Kleinod der Point & Click Adventure-Kunst ist. Wirklich nur mit Lösung zu spielen und dann auch nur für Fans. Manche Spieleboxen bleiben besser zu. Mir persönlich war wichtig, hier einfach mal einen Haken setzen zu können. 1992 bis 2017 sind dann auch schon wieder 25 Jahre in denen ich das Spiel gedanklich mit mir rumschleppe.

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Proteus

Spiel

Eine Tätigkeit, die man nur zum eigenen Vergnügen macht und die keinen äußeren Zweck hat.

Proteus ist kein Spiel im klassischen Sinn, wenn es denn überhaupt so etwas wie ein klassisches Spiel gibt. Proteus verfolgt kein Ziel, es gibt nichts zu erreichen. Kein Highscore, keine Missionen, keine Speicherpunkte, kein Wettbewerb, keine Geschichte. Man wandert über eine vom Spiel generierte Insel und entdeckt. Es wird Tag, es wird Nacht. Schließt man die Augen ist das Spiel vorbei.

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Und so schreitet man durch wunderschöne Landschaften begleitet von zauberhafter Musik. Man besteigt Berge, betritt klingende Blumenwiesen, trifft auf Statuen aus einer anderen Zeit, oder läuft schlicht hoppelnden Häschen hinterher. Das Entdecken steht an erster Stelle. Stets ist man mit sich allein und lässt Proteus‘ Bilder und Klänge auf sich wirken. Eine digitale Gehmeditation.

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Interessant wird es in der Nacht. Von Glühwürmchen geleitet kann man ein Portal entdecken, das einen in einen anderen Teil der Spielwelt transportiert. Ist man auf einer neuen Insel gelandet? Oder aber durch die Zeit gereist? Proteus liefert keine Antworten. Es wird Tag, es wird Nacht. Man wandert.

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Proteus besitzt ein Ende. Auch hier bleibt die Deutung ganz dem Spieler überlassen. Langsam steigt man in die Luft. Zuerst hatte ich das für einen Bug im Spiel gehalten. Immer höher und höher geht es hinauf, einem Polarlicht entgegen.

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Und dann schließt man plötzlich die Augen. Proteus ist zu Ende.

Humble Bundle sei Dank bin ich auf dieses kleine Kunstwerk gestoßen. Ohne ein Spielepaket hätte ich vermutlich nie einen Fuß auf das magische Eiland gesetzt.

Loom

Jetzt habe ich es bald geschafft. Nur noch wenige LucasArts Adventure verbleiben ungespielt: Grim Fandango, Labyrinth und Flucht von Monkey Island.

Und ich schreibe gleich im Anschluss ans Durchspielen. Die Erinnerung ist noch mehr als warm.

Loom ist ein wahres Kleinod. 27 Jahre hat das Spiel bereits auf dem Buckel, im Abspann steht sogar noch LucasFilm. Produziert auf der legendären Skywalker Ranch. Erstaunlicherweise ist Loom erst nach Indiana Jones and the Last Crusade (1989) erschienen. Irgendwie hatte ich das zeitlich früher eingeordnet.

Man spielt den jungen Weber Bobbin Threadbare, der sich auf die Suche nach seinen in Schwäne verwandelte Gildengenossen machen muss. Im Verlauf des Abenteuers trifft er dabei auf Mitglieder andere großer Gilden wie Schmiede, Schäfer oder Glasmacher. Und ganz nebenbei kommt er einer Verschwörung auf die Spur, die den Fortgang seiner Welt bedroht. Ach, und mit einem furchterregenden Drachen legt er sich gleich auch noch an.

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Das besondere an Loom ist das Benutzerinterface. Sammelt man in anderen Adventure-Titeln Gegenstände ein und kombiniert diese auf originelle Art und Weise, so steht hier einzig und allein ein Webstock im Inventar zur Verfügung. Mit diesem vermag Bobbin Musiknoten zu Zaubersprüchen zu verweben, und dadurch seine Umwelt zu beeinflussen.

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Hier beginnt auch gleich das Um-die-Ecke-Denken. Erlernt der junge Weber zum Beispiel eine Notenfolge für das Öffnen von Gegenständen, so bewirkt dieselbe Abfolge an Tönen rückwärts gespielt ein Schließen. Einen Käfig öffnen? Oder ein Portal verschließen? Kein Problem. Was aber, wenn man einen Blitz benötigt? Ah, man öffnet einfach den Himmel!

Beginnt man mit lediglich vier Noten, so schaltet man Spielabschnitt für Spielabschnitt die Tonleiter des Stocks frei. Jeder Zauberspruch besteht aus einer Abfolge von vier Tönen. Ohne einen Notizzettel geht recht schnell gar nichts mehr, zu schnell verliert man ansonsten den Überblick über bereits Erlerntes. Da hilft auch das Internet nicht. Die jeweiligen Notenfolgen werden für jedes Spiel zufällig generiert.

Neue Zaubersprüche erlernt man durch Beobachtung seiner Umwelt oder aber durch Interaktion mit Gegenständen, die dabei eine ihnen eigene Tonfolge wiedergeben. Klickt man zum Beispiel ein Spinnrad an, so erfährt man den Zauberspruch für das Umwandeln von Gegenständen und kann ab sofort Heu in Gold verwandeln.

Loom stellt den Spieler zu Beginn des Spiels vor die Wahl eines dreier Schwierigkeitsgrade. Die Wahl beeinflusst zwar nicht die Rätsel im Spiel, dafür aber die Interaktion mit dem Webstab. Werden im leichten Modus die Noten sowohl auf dem Stab angezeigt, als auch zusätzlich in einer kleinen Box, so erkennt man sie im schweren Modus nur noch an ihrem Klang bzw. der Farbe auf dem Stock.

Loom ist wunderhübsch gezeichnet. Ich kann mit kaum entscheiden welche Screenshots ich hier am besten einfüge. Am liebsten würde ich alle nehmen.

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Humor ist dem Spiel nicht fremd, wenn auch auf eine ihm eigene Weise. Was mich überrascht hat ist, dass Loom stellenweise recht düster ist. So trifft man zum Beispiel auf einen Schmiedelehrling, der beim Holzsammeln eingeschlafen ist. Um die Stadt der Schmiede betreten zu können, wendet man auf den Jungen den Zauberspruch der Spiegelung an. Schwups, schon ist die Gestalt getauscht. Während man nun die Schmiede erkundet, findet der Drache, den man zuvor verärgert hat, den Schlafenden. Diesen hält er natürlich für Bobbin Threadbare und alles was bleibt ist ein Gerippe, von dem die Fleischfetzen hängen. Und auch sonst wird fleißig gestorben, wenn auch in erster Linie die Bösewichte.

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Loom ist kein langes Spiel. Die Handlung erstreckt sich gerade mal über drei größere Kapitel. Nicht alle Rätsel sind intuitiv und gerade das Bewegen im Raum bereitet des Öfteren Schwierigkeiten. In nachfolgendem Screenshot gilt es zum Beispiel das Glöckchen eines Teleporters zu läuten. Nur ist die Glocke schlichtweg nicht zu erkennen. Sie befindet sich genau da, wo Bobbin steht, im Eck. Da ist nichts zu sehen!

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Oder aber gegen Ende des Spiels gilt es eine Reihe an Portalen zu verschließen. Mehr als einmal bin ich aus Versehen durch das jeweilige Portal getreten, bei dem Versuch meinem Webstab darauf zu fokussieren. Rein, raus, neuer Versuch. Wieder rein. Arghhh!

Was leider in meiner Version von Steam auch nicht gut gelungen ist, ist die Synchronisation von Animation und Sprachausgabe. Lange nachdem der letzte Satz bereits gesprochen wurde, bewegen sich die Lippen der Charaktere noch.

Dennoch, Loom muss man gespielt haben. Offenes Ende hin oder her. Da führt als Fan von LucasArts sowieso kein Weg dran vorbei. Lange vor PaRappa the Rapper oder Guitar Hero macht hier ein Spiel Musik zu seinem zentralen Element. Ein Novum. Tschaikowskis Schwanensee lässt grüßen.

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Oxenfree

„Olly olly oxen free!“…“Ihr könnt jetzt alle rauskommen!“.

Nur ein Blogeintrag, dann bin ich wieder mit meiner Liste an durchgespielten Titeln gleichauf. Das macht dann 34 Spiele in knapp einem Jahr. Noch halte ich mich gut. Langsam aber sicher wird mir jedoch bewusst, dass es mir zwar gelingen wird, meinen Spieleberg abzubauen, fertig werde ich aber wohl kaum. Ich muss einmal durchzählen. Erst gestern habe ich ein neues Spiel aus meiner Humble Bundle Library herausgegriffen. Seitenweise Steam-Keys. Da wird mir selbst ganz schlecht. Aber das sind nur die Keys. Da gibt es dann noch die Spiele, die man direkt herunterladen kann. Nicht zu vergessen GOG, meine Sammlung an Nintendo Titeln, und meine PS Vita sowie PS3. Ich darf einfach nie wieder ein Spiel kaufen!

Genug des Selbstmitleids. Noch habe ich Spaß. Das wird schon. Zeit mich Oxenfree zu widmen. Mehr als ein Monat liegt dieser Text bereits auf Halde. Das hat das Spiel nicht verdient. Es ist nämlich schlicht und einfach fantastisch. Wunderschöne Grafiken, fesselnde Geschichte, meisterhaftes Voice Acting.

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Was als typische Strandparty einer Gruppe Jugendlicher beginnt, wandelt sich innerhalb kürzester Zeit zu einer paranormalen Geistergeschichte par excellence. Fünf Teenager, Alex, Jonas, Nona, Clarissa und Ren wollen eine Nacht auf Edwards Island verbringen. Lagerfeuer, Bier, Wahrheit-Oder-Pflicht. Und was wäre eine ehemalige, verlassene Militärbasis ohne vermeintliche Legende. Angeblich kann man einem Kofferradio ausgestattet an bestimmten Stellen des Eilands Geistersender empfangen, Radiostationen aus dem Jenseits. Und wie nicht anders zu erwarten, das Tor zur Geisterwelt wird aus Versehen geöffnet. Die Geister, die ich rief…Es folgt eine wahrlich unvergessliche Nacht auf Edwards Island.

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Oxenfree ist so unglaublich gruselig. Da erst am nächsten Morgen der Fährverkehr wiederaufgenommen wird, machen sich die Teenager in Grüppchen auf, das Geheimnis der Insel zu lüften. Vielleicht gibt es noch eine andere Möglichkeit, von dem Eiland zu flüchten? Es gilt die Nacht zu überleben, ohne dem Wahnsinn zu verfallen.

Man selbst spielt Alex. Den jeweiligen Begleiter kann man frei wählen. Mehr oder minder schreitet die Handlung linear voran. Zwar kann man entscheiden, welchen Ort der Insel man zuerst erkunden möchte. Einen Unterschied macht es in meinen Augen jedoch nicht. Je eine Stunde stellt einen in sich geschlossen Spielabschnitt dar. Und so wandert man mit dem Kofferradio als ständiger Begleiter über Edwards Island.

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Stellt man die richtige Wellenlänge ein, so kann man mit der Geisterwelt in Kontakt treten. Was diese von einem will, wird erst spät im Spiel klar. Auf einen Spoiler werde ich hier verzichten. Er würde den gesamten Spielspaß verderben.

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Jeder der Teenager bringt sein Paket an Sorgen, Problemen und Vorgeschichte mit auf die Insel. Bei Alex ist es zum Beispiel der tödlich verunglückte ältere Bruder Michael, an dessen Tod sie sich eine Mitschuld gibt. Ihr Stiefbruder Jonas hat seine Mutter verloren.  Clarissa wiederum ist die Exfreundin des verstorbenen Jungen. Alle Schicksale der Jugendlichen sind auf die eine oder andere Weise miteinander verwoben.

Im Verlauf der Nacht wird man immer wieder mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Die Geister spielen ihr böses Spiel mit der Gruppe. Flashbacks, Zeitschleifen, Visionen. Alles dabei.

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Oxenfree ist sehr kurzweilig. Auf YouTube hat eine Spielerin die langen Laufwege über die Insel beklagt. Kann ich nicht nachvollziehen. Ich konnte kaum die Finger vom Spiel lassen. Noch eine Stunde und noch eine. Es ist wirklich spannend. Die Twists, die die Handlung dabei nimmt, sind ganz großes Kino. Und wie eingangs bereits geschrieben, die Dialoge und Dialogoptionen sind nahezu perfekt aufeinander abgestimmt.

Soviel sei verraten, zumindest meine Geschichte hatte ein Happy End. Am Ende wird erzählt, was aus jedem der Charaktere geworden ist. Ich bin mehr als zufrieden. Oxenfree ist eine absolute Empfehlung. Eines der besten narrativen Spiele, die ich im Verlauf meines kleinen Blogs gespielt habe.

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Pony Island

Worum geht’s?

Pony Island ist ein spannendes Rätsel-Spiel in Verkleidung. […]. Es ist kein Spiel über Ponys.

Steam Store

„Spannendes Rätsel-Spiel…“. Der war gut. Pony Island ist ein über zwei Stunden anhaltender WTF-Moment, der sich durch den Frontallappen in Richtung Kleinhirn frisst! Gefangen in der Arcade des Teufels führt der einzige Weg der Seele aus dem Limbo hin zur Freiheit durch die Tiefen des Quellcodes eines unterirdisch schlechten Spiels.

Unentwegt wird man gezwungen Pony Island zu spielen. Pony Island in Schwarz-Weiß, Pony Island lieblich und süß in Farbe, Pony Island Adventure, Pony Island als textbasiertes Spiel, Pony Island 3D…Pony Island bis zum Erbrechen.

Es muss doch einen Ausweg geben?! Unterstützt von einer weiteren gefangenen Seele begibt man sich auf die Suche nach Schwachstellen in der Programmierung des Spiels. Erlangt man durch Hintertüren Zugriff auf drei Core-Files und löscht diese, so die Theorie, steht der Flucht aus dem Automaten nichts mehr im Weg. Bewacht wird ein jedes dieser Files jedoch von einem Demon, den es in einer Sequenz von Herausforderungen zu besiegen gilt. Einfach war gestern.

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Fazit

Pony Island ist ein wahres Unikat. Über weite Strecken des Spiels war die Angst vor einem epileptischen Anfall mein ständiger Begleiter.

Was Pony Island für mich so interessant macht, ist weder das bizarre Setting, noch die Herausforderung der Rätsel. Vielmehr die stete Iteration dreier Archetypen: Suchen, Jump & Run und Puzzle.

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Beide Screenshots zeigen die haargenau gleiche Spielidee. Zunächst als „Source Code“-Rätsel umgesetzt. Es gilt die Sprungpunkte und Wiederholungen im Code so zu setzen, dass alle Bedingungen erfüllt sind und der Cursor auf „Load Game“ gelangt. Dann als lieblicher Schmetterling, den es in sein Häuschen zu bugsieren gilt. Ein Motiv, zwei Ausarbeitungen.

Zugleich wird mir als Spieler vor Augen geführt, wieviel Spielehistorie ich mit mir herumtrage und wie vermeintliches Wissen schlicht eine Täuschung sein kann. Am Ende eines jeden Pony Island Levels steht der aus Super Mario bekannte Fahnenmast. Obwohl nirgendwo ein Score angezeigt wird springe ich instinktiv nach der Fahne, um die maximale Punktezahl zu erreichen. Einmal muss ich ein Level erneut spielen. Lag es vielleicht daran, dass ich nicht die Spitze des Masts erreicht habe? Beim nächsten Versuch klappt es, es geht weiter. Es muss also am Mast gelegen haben. Oder war das bereits das nächste Level und der Teufel spielt nur seine Spielchen mit mir? In der Textvariante wird dann genau dieses Motiv erneut aufgegriffen. „Du siehst den Fahnenmast vor dir. Was machst Du?“ Springen! „Du beendest das Level. Es macht keinen Unterschied.“ Das ist wirklich gut gemacht.

Einen der befriedigsten Momente das Spiels stellt die Flucht aus der Arcade dar. Ausgestattet mit ultimativer Feuerkraft galoppiert eine Herde Ponys auf die Freiheit zu. Dabei wirft einem der digitale Satan noch einmal seine gesamte Armee entgegen. Es gilt so viele Seelen wie nur möglich zu retten. Der Titel „Escape“ des Soundtracks von Jonah Senzel lässt die guten alten Amiga-Zeiten wiederaufleben. Das belohnt für alle Mühen bis zu diesem Moment.

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Ganz ohne Bugs war Pony Island nicht. Mehrfach musste ich das Spiel neu starten, erst dann wurde mir eine Option angezeigt, die für das Fortkommen im Spiel essentiell war. Schwamm drüber. Denn das Spiel ist wirklich gute Indie Unterhaltung. Inklusive des offenen Endes.

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Full Throttle Remastered

Full Throttle ist ein Meisterwerk des minimalistischen Rätseldesigns.

Es gilt Ersatzteile für das Motorrad auf einem Schrottplatz zu besorgen. Umgeben von einer hohen Mauer scheint der einzige Weg hinein über ein Rolltor zu führen. Neben dem Tor, die Kette zum Hochziehen. Im Inventar befindet sich ein einziger Gegenstand, ein Vorhängeschloss. Man zieht an der Kette, das Tor öffnet sich. Das war einfach. Man will den Schrottplatz betreten, lässt die Kette los, das Tor fällt zu. Auf ein Neues. Wieder und wieder. Der Trick ist es, das Tor, das man denkt öffnen zu müssen, mit dem Vorhängeschloss zu verschließen. Dann kann man an der nun arretierten Kette hoch- und über die Mauer klettern. Drei Gegenstände, Tor, Kette, Schloss. Genial!

Das ist ganz auf Augenhöhe mit einem meiner Lieblingspuzzle aus Indiana Jones and the Fate of Atlantis‘ Rätselmodus. Auf Thera steht man vor einer geöffneten, leeren Kiste. Ohne eine Rechnung vorweisen zu können, erhält man den begehrten Ballon nicht, den man zum Verlassen der Insel benötigt. Die Rechnung befindet sich aber eben nicht in der Kiste, sondern ist an deren Deckel befestigt. Man muss entgegen jeder Intuition die Kiste schließen und bekommt so das benötigte Stück Papier zu Gesicht.

Ein weiteres unvergessliches Highlight ist der Weg durch ein Minenfeld. Kann man sich eine bessere Verwendung für eine Kiste voller Aufziehhasen vorstellen? Untermalt von Richard Wagners „Ritt der Walküren“!

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Full Throttle ist voll solcher Rätsel. Kleine in sich abgeschlossene Kunstwerke mit einem Aha-Effekt. Das hat richtig Spaß gemacht.

Dann ist da aber auch noch das andere Full Throttle. Das der Motorrad-Kämpfe und des Endkampfes auf Zeit. Man scheitert und kann von neuem an einem festgelegten Speicherpunkt beginnen. Ein endloses Versagen. Eine Million Mal. Immer und immer wieder. Selten habe ich ein Spiel so gehasst.

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Aber beides ist nun mal Full Throttle.

Das Original von 1995 habe ich leider nie gespielt. Und die „Sicherheitskopie“, die noch auf irgendeiner meiner Festplatten gammelt, ist in der ScummVM immer gleich zu Beginn abgestürzt. Instant Karma. Die Remastered Edition sieht dafür aber richtig gut aus. Das Warten hat sich gelohnt, denn Double Fine Productions hat hier ganze Arbeit geleistet. Tolle Graphiken, fantastischer Sound, Liebe zum Detail. Allein das Interaktionsmenü aus Hand, Stiefel und Totenschädel…

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Im Gegensatz zu anderen LucasArts Titeln wie Monkey Island ist Full Throttle kein Spiel großer Worte. Eine endlose Kette an Dialogen würde auch nicht zum Hauptcharakter des Spiels passen. Als grobschlächtiger Anführer der Motorradgang Polecats wird Ben Throttle Opfer einer Intrige. Beschuldigt des Mordes an Malcolm Corley, dem Vorstand der letzten Motorradfabrik eines futuristischen Amerikas, macht sich der Motorradrocker auf, seine Unschuld zu beweisen und die Neuausrichtung von Corley Motors zu verhindern. Von den Bändern der Fabrik sollen anstelle von Bikes Minivans rollen. Ein Sakrileg!

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Passend zu Bens Charakter, in einem IGN Review treffend als John Wayne der Zukunft betitelt, erfordern nicht alle Puzzle ein tiefes Nachdenken. Mitunter führt auch schlicht pure Gewalt zum Ziel. So zum Beispiel den mundfaulen Barmann an seinem Nasenring über den Tresen zu ziehen. Treten kann man sowieso fast jeden Gegenstand im Spiel.

Rund acht Stunden hat mich das Durchspielen von Full Throttle gekostet. Hätte ich nicht die Motorrad-Kämpfe zu meinen Gunsten abgebrochen (SHIFT + V), so hätte es mit Sicherheit wesentlich länger gedauert. Nicht, dass ich es nicht versucht hätte. Aber am Ende habe ich schlicht frustriert aufgegeben.

Neben der lebensrettenden Tastaturkombination ist das Hervorheben aller Gegenstände, mit denen Ben interagieren kann, eine weitere große Hilfe Im Spiel. Pixel für Pixel absuchen Adé.

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Warum man beim Überarbeiten von Full Throttle die in meinen Augen viel zu schweren Kämpfe auf zwei Rädern und den Showdown gegen den Oberschurken Ripburger nicht verbessert hat, will sich mir nicht erschließen. Man wollte wohl dem Original treu bleiben, hat dabei aber auch alle Gamedesign-Fehler in die neue Version „gerettet“.

Dennoch ist Full Throttle ein richtiger Klassiker, der sich hinter anderen LucasArts Titeln nicht zu verstecken braucht. Ganz im Gegenteil.

Jetzt habe ich bald alle Adventure Klassiker aus Marin County gespielt. Übrig bleiben lediglich Grim Fandango, Loom und Labyrinth. Vielleicht noch Flucht von Monkey Island, das ich vor langer Zeit auf der PlayStation 2 abgebrochen habe. Und dann ist es endlich wieder Zeit für Indiana Jones und sein Atlantis Abenteuer. Das wird alle paar Jahre aufs Neue ausgepackt.

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The Walking Dead – Season 2

„Oh my god I killed Kenny!“ Gleich den größten Spoiler zu Beginn loswerden. So muss ein Review sein.

Alles beim Alten

The Walking Dead – Season 2 kehrt zurück zu dem bereits aus der ersten Staffel bekannten Cel Shading Look. Sieht immer noch gleich aus. Sieht immer noch toll aus. Gut möglich, dass Telltale ein wenig an der Engine geschraubt hat. Einen signifikanten Unterschied zum ersten Teil vermögen meine alten Augen nicht zu auszumachen. Mir gefällt es.

Und wenn wir schon bei einem Erkennungsmerkmal der kalifornischen Spieleschmiede sind, dann dürfen natürlich auch die Quick-Time-Events nicht fehlen. So richtig etwas Neues ist Telltale hier nicht eingefallen. „Q“, „Q“, „Q“, „Q“….“E“. Bis die Finger bluten.

Ebenso verbleibt die Aufteilung der Geschichte in fünf Episoden. Eine jede besitzt ihren eigenen Spannungsbogen plus Cliffhanger am Ende.

Eine Wahl auf Zeit treffen zu müssen, ist altbekannt, die Zusammenfassung der wichtigsten Entscheidungen am Ende einer jeden Episode ebenso. Wir haben 100 Leute befragt „Würden sie Lee eine Kugel in den Kopf jagen?“…

Rätseltechnisch hat sich nichts getan. Eher ist das, was man was nur mit Müh und Not in Season 1 als Puzzle bezeichnen konnte, noch weiter in den Hintergrund getreten. Der aus Adventure Games der goldenen LucasArts Jahre gewohnte Rätselspass ist nun gänzlich verschwunden. Gut so. Entweder ganz oder gar nicht. Lauwarm schmeckt einfach nicht.

Und dann sind da natürlich noch Zombies. Viiiieeeele Zombies! Gestorben wird bis zum Abspann.

Alles neu

Und doch ist alles neu! The Walking Dead Season 2 überragt den ersten Teil um Längen. So muss das sein. Jetzt macht es endlich auch mir Spaß. Habe ich mich durch den ersten Teil noch wie einer der vielen Untoten geschleppt, so bin ich durch Season 2 gerast. Und ich habe Bock auf mehr. Telltale Games haben ihre Hausaufgaben gemacht. 1+.

Endlich spielt man als Clementine. Noch lange nicht erwachsen, aber die Unschuld des kleinen Mädchens in die Tonne getreten. Bis auf wenige Ausnahmen ist dies den Entwicklern auch glaubhaft gelungen. Über die Szene mit dem streunenden Hund müssen wir aber noch einmal reden. Das war ein wenig too much.

Die langen Pausen sind verschwunden. Die Handlung schreitet zügig voran. Nicht erst ewig mit jedem NPC sprechen müssen. Action wird großgeschrieben. Und doch bleibt genug Zeit für die leisen Momente des Spiels. Und es ist endlich spannend.

Gestorben wird an allen Ecken und Enden. Und dieses mal richtig grausam. Schädel einschlagen, Arm abhacken, ertrinken im eisigen See…alles dabei. Einer erschöpften Mutter, die ihr Neugeborenes in Händen hält und beginnt sich in einen Zombie zu verwandeln, eine Kugel in den Kopf zu jagen… Telltale kennt in Season 2 kaum Grenzen.

So viele neue spannende Charaktere trifft man und auch alte, vom Schicksal gezeichnete Bekannte sind wieder mit an Bord.

Seinen Spielstand kann man aus Teil 1 übernehmen. Ich hatte keinen mehr. Ob es einen signifikanten Unterschied gemacht hätte? Ich weiß es nicht.

The Walking Dead Season 2 ist das Spiel, das Season 1 hätte sein sollen. Nur leider ist es schwer gleich hier in die Apokalypse einzusteigen. Wenn auch noch so zäh, Teil 1 muss man gespielt haben. Erst dann kann man verstehen, was Clementine zu dem Menschen gemacht hat, der sie jetzt ist. Kühler, grausamer, der Beschützerinstinkt ist verschwunden.

Ich fand den zweiten Teil richtig gut und werde wider Erwarten The Walking Dead treu bleiben. Humble Bundle sei Dank.