Off-Peak

Off-Peak beheimatet den fantastischsten Bahnhof, der mir je untergekommen ist. Ein riesiges und total abgefahrenes Kunstmuseum, das man in der Ego-Perspektive durchwandert. Auf der Such nach den Schnipseln einer zerrissenen Fahrkarte, die einem, wieder zusammengesetzt, die Weiterreise ermöglicht.

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Die Einzelteile sind schnell gefunden, wenn man nur aufmerksam das gesamte Gebäude mit all seinen Abzweigungen absucht. Die rund 30 Minuten Spielzeit, die howlongtobeat.com angibt, kommen gut hin.

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Ich rate aber dazu, sich Zeit zu lassen und all die Bilder, Skulpturen und Personen, die den Bahnhof bevölkern, auf einen wirken zu lassen. Einfach nur stehenzubleiben und Gespräche belauschen.

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Hier eine kleine Galerie, die einen Ausschnitt all der Dinge zeigt, die man im Spiel entdecken kann…

Sehr gerne empfehle ich dieses surreale Meta-Kunstwerk aus den Händen seines Indie-Schöpfers Cosmo D weiter.

SEPTEMBER 1999

September 1999 dauert genau 5 Minuten und 30 Sekunden. Die unheimlichsten 5 Minuten und 30 Sekunden meines bisherigen Spielerlebens.

Das Setting, eine mit Brettern verbarrikadierte Wohnung. Genau zwei Räume, ein zugemülltes Schlafzimmer plus Gang.

Was sich dort abspielt, ist wirklich angsteinflößend. Verstärkt dutch den VHS-Effekt des Spiels. Denn man betrachtet das Geschehen der folgenden vier Tage in Form kurzer Aufnahmen einer alten Videokamera.

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Über die Geschehnisse lasse ich mich hier nicht aus. Das soll ein jeder Spieler für sich selbst erleben.

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Aber ohne wirklich starke Nerven lässt man besser die Finger von dem Titel des Entwicklers 98demake. Ein jeder Spieler sei gewarnt.

the static speaks my name

the static speaks my name dürfte das düsterste „Spiel“ sein, das mir bisher untergekommen ist.

Man durchlebt die letzten 15 Minuten im Leben des depressiven Jakob Ernholtz. Verbarrikadiert in der Wohnung, gefangen in einer Wahnvorstellung, in deren Zentrum ein harmloses Palmenbild des Künstlers Jason Malone steht. Unzählige Ausdrucke tapezieren sämtliche Wände.

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In der Nacht um 3:22 setzt die Handlung ein. Ein normales Leben ist zu einem Ding der Unmöglichkeit geworden, eine jede Tätigkeit zu einem kurzfristigen Ziel, dass es zu erreichen gilt. Auf den Toilettengang folgt die Reinigung der Mikrowelle, um im Anschluss lebendige Shrimps aus dem Aquarium zu essen. Der Kühlschrank ist vollkommen leergefegt. Wohnungstür und Fenster mit Balken zugenagelt.

Ein kurzes Intermezzo in einem Online-Chatraum mit „Freunden“ offenbart unaussprechliche Abgründe.

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Und dann schreitet man auch schon zur letzten Tat. Die Schlinge hängt von der Decke der Abstellkammer, der Stuhl steht bereit gerückt.

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Ein Menschenleben, von dem man als Spieler nicht mehr als den Namen und das Alter erfährt, endet. Eine Wahl hat man zu keinem Zeitpunkt.

Wäre all dies allein nicht schon verstörend genug, findet man sich in einer Art dunklen Nichts wieder, umgeben von den Seelen anderer Selbstmörder.

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Abspann.

P.S. Beim Durchspielen ist mir ein Geheimnis entgangen, auf das ich erst durch die Lektüre eines Wikipedia-Artikels gestoßen bin. Und das der Geschichte eine zusätzliche Dimension verleiht. Wer sich von den vorangegangenen Zeilen nicht hat abschrecken lassen, und sich selbst ein Bild von „the static speaks my name“ machen möchte, der sollte einen Blick hinter das Bücherregal werfen. Und mir ist klar geworden, warum ich mit dem Sicherungskasten hantieren musste.

1 Screen Plattformer

World 1, Level 1. World 1, Level 2…World 2, Level 1… Wer kennt es nicht, das althergebrachte Design eines typischen Jump & Runs. Nicht so 1 Screen Plattformer, ein Hüpfspiel par excellence, und dennoch kein herkömmlicher Vertreter seines Genres. Denn das gesamte und auch einzige Level des Spiels findet alleinig in einem riesigen Bildschirm statt.

Als Spieler bekommt man zwar immer nur den aktuell relevanten Abschnitt zu Gesicht, kann aber jederzeit heraus zoomen, um so die gesamte Pracht zu bewundern.

Hier ein Ausschnitt…

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…und nun die vollständige Herausforderung.

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Zur Auswahl stehen zu Beginn drei Charaktere. Ein vierter gesellt sich hinzu, wenn man den Newsletter des Entwicklers Chris Zukowski abonniert hat. Bei dem Vierten im Bunde handelte sich um keinen Geringeren als den untoten König höchstpersönlich, bekannt aus Chris‘ Spiel Return Of The Zombie King.

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Ein jeder Charakter bringt seine eigene Herausforderung mit sich. Mal gilt es schlicht das Ende des Levels zu erreichen, dann Münzen aufzusammeln, oder aber den noch fast gänzlich verdunkelten Screen vollständig aufzudecken.

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Und bei alledem tickt unerbittlich die Uhr. Denn am Ende zählt zum einen die Zeit, die man vom Startpunkt bis zum Erreichen des Ausgangs benötigt hat, als auch die Anzahl der Tode, die man unterwegs erleiden musste.

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Gewählt werden kann zusätzlich zwischen zwei Schwierigkeitsgraden. Wem der normale Modus nicht ausreichen sollte, nicht dass dieser nicht schon schwer genug wäre, der kann sich im Hard-Mode an weiteren teuflischen Hindernissen versuchen.

„1 Screen Plattformer“ ist ein klasse Spiel, das sein Checkpoints perfekt setzt. Wird ein Charakter vom digitalen Tod heimgesucht, so erscheint er in Sekundenbruchteilen erneut im Level. Das Fehlen jeglicher Verzögerungen ermöglich eine vollkommene Immersion und ein jeder unweigerlich aufkommende Frust ist so schnell wieder verflogen.

Ich hatte die Ehre, bereits als Tester in der Beta-Phase mit an Bord zu sein. Alleinig mit einer Tastatur ausgestattet, habe ich damals unzählig Male ins Gras gebissen. Aber man lernt ja bekanntlich aus seinen Fehlern. Ein Controller ist bei „1 Screen Plattformer“ ein Muss. Und so ist mir die Ehre zuteil geworden, meinen Namen in den Credits verewigt zu finden. Danke hierfür, Chris!

Wer Jump & Runs liebt und die notwendige Frustrationstoleranz besitzt, für den „1 Screen Plattformer“ genau das richtige Spiel. Eine absolute Empfehlung meinerseits.

The Cat and The Coup

„Bei mir fällt niemand durch. Aber die Note können Sie sich ja denken.“ So das unrühmliche wenn auch glückliche Ende meiner mündlichen Magisterprüfung in Politikwissenschaft, eines meiner beiden Nebenfächer. Das Jahr meines Abschlusses ist zu lange her, als dass ich mich noch an den Namen meines Prüfers erinnern könnte. Im Gedächtnis geblieben ist mir aber ein von ihm veranstaltetes Hauptseminar mit den iranischen Präsidentschaftswahlen des Jahres 1997 als Thema. Ein erstes Eintauchen in ein mir bis dato gänzlich unbekanntes politisches System.

Rund 15 Jahre später erscheint die am Persischen Golf gelegene islamische Republik erneut auf meinem Radar. Diesmal jedoch in Form von Computerspielen. Schon lange möchte ich 1979 Revolution: Black Friday spielen.

Doch zunächst hat mich meine Steam-Bibliothek nochmals 26 Jahre weiter am Zeitstrahl der Geschichte zurückgeführt, in das Jahr 1953.

The Cat and the Coup ist ein Dokumentarfilm, in dem Sie als die Katze von Dr. Mohammed Mossadegh spielen können, der erste demokratisch gewählte Ministerpräsident des Iran. Während des Sommers 1953, initiierte die CIA einen Putsch, um ihn zu Fall zu bringen. Als Spieler bewegen Sie Mossadegh zu wichtigen Ereignissen seines Lebens durch herunterstoßen von Objekten von Regalen, Zerstreuung seiner Papier und, indem Sie Ihm auf seinen Schoß springen und ihn kratzen.

So die holprig übersetzte Beschreibung des Spiels im Steam-Store.

„The Cat and the Coup“ besitzt den Anspruch, dem Spieler Denkanstöße zu vermitteln. Über die eigene Rolle zur iranischen Geschichte und über die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den USA und dem Iran. Und darüber nachzudenken, wann der eigenen, sicher geglaubten Demokratie möglicherweise Gefahr droht.

Das Spiel ist ein rund 15-minütiger Crashkurs in Geschichte. Eine tierschürfende Analyse der Ereignisse darf man daher nicht erwarten. Den negativen Kommentar eines Spielers zu überladenem Symbolismus und der Schwierigkeit Geschichtswissen zu transportieren kann ich durchaus nachvollziehen.

Dennoch sieht „The Cat and the Coup“ einfach fantastisch aus. Bild für Bild bewegt man sich in Gestalt einer schwarzen Katze durch das Leben Mossadeghs, zusammengefügt zu einer riesigen Collage.

Ich wünschte, es würde ein abendfüllendes Spiel existieren, dass sich dieses Stils bedient.

„The Cat and the Coup“ ist kostenlos erhältlich, wirklich schnell durchgespielt und dennoch unterhaltsam. Verkehrt machen kann man hier also nichts. Ich kann nur raten sich selbst ein Bild des Titels zu machen. Vielleicht wird es für den einen oder anderen Spieler der Ausgangspunkt für eine weitere Beschäftigung mit dem Iran und seiner doch so unbekannten Geschichte.