Chuchel

Es muss kurz nach seiner Veröffentlichung im Jahr 2003 gewesen sein, als ich auf das kleine, surreale Flash-Spiel Samorost des tschechischen Designers Jakub Dvorský aufmerksam geworden bin. Mit großer Freude habe ich damals die drohende Kollision der kleinen Heimatwelt meines namenlosen Helden mit dem herannahenden Raumschiff abgewendet.

Allen Titeln, die Amanita Design in den darauffolgenden Jahren veröffentlicht hat, sieht man dank ihres einzigartigen Stils sofort an, wessen Geiste sie entsprungen sind. Seien es die Fortsetzungen des Erstlings in Form von Samorost 2 und 3, die Geschichte eines kleinen Roboters in Machinarium oder die phantastische Reise entlang eines Baums namens Botanicula. So viele originelle Ideen, so viel Liebe zum Detail. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich hier noch einiges aufzuholen habe.

Zumindest das aktuelle Werk aus Brünn habe ich nun durchgespielt, ein kleines Puzzle mit stark komödiantischen, oft schon slapstickhaften Zügen namens Chuchel.

Die Jagd nach der Kirsche

Wer kennt nicht Scrat aus dem Animationsfilm „Ice Age“, das Säbelzahn-Eichhörnchen auf der Jagd nach der kostbaren Eichel? Ersetzt man diese durch eine knallrote, saftige Kirsche und den Nager durch ein oranges Pelzknäuel mit schwarzer Mütze sowie strichförmigen Gliedmaßen, so heißt es Bühne frei für „Chuchel“.

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Kaum vom Spieler aus einem geruhsamen Schlaf unsanft geweckt, beginnt auch schon die Verfolgung der verlockenden Steinfrucht. Immer in direkter Konkurrenz mit einem kleinen Rattenwesen, das ebenfalls nach süßem Fruchtfleisch lechzt.

Und wenn dies allein nicht schon genug wäre, so trifft man auf eine Vielzahl phantastischer Figuren, denen die Kirsche zwar ziemlich egal ist, die aber mitunter äußerst unsanft auf eine Störung ihres Daseins reagieren.

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Über insgesamt 30 Level erstreckt sich die urkomische Hatz. Ein jedes davon ist ein kleines Kunstwerk, das es zu erforscht gilt. Hier ein Beispiel, das sehr schön die Spiel- und Rätselmechanik zeigt und erkennen lässt, wie schwer es sein kann, das Objekt der Begierde in die eigenen Hände zu bekommen:


Chuchel spielt sich komplett über kleine Piktogramme, die bei Antippen eines Gegenstands oder eines Lebewesens dem Spieler angezeigt werden. Ausprobieren und Beobachten machen nicht nur Spaß, sondern sind ein Muss
 auf dem Weg zur Lösung. Denn erscheint die Kirsche schon zum Greifen nah, so kommt mit Sicherheit noch etwas vollkommen Unerwartetes dazwischen.

Wie bei allen Spielen aus dem Hause Amanita Design geht es mitunter recht bizarr zu. Gerade dann, wenn eine Aufgabe erfolgreich gemeistert ist und noch ein kurzer Abspann des jeweiligen Levels gezeigt wird. Der Phantasie sind keinerlei Grenzen gesetzt, je abgedrehter, umso besser. Die Entwickler konnten sich hier mal so richtig austoben.

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Der Titel ist aber auch eine Hommage an und eine Reise durch die Welt der Computerspiele, gefüllt mit zahlreichen Referenzen zu Klassikern wie Pac-Man, Tetris oder Space Invaders.

Fazit

Chuchel ist weder allzu lang noch allzu schwer. Dennoch hilft die Fähigkeit, um die Ecke denken zu können, ungemein. Sollte man wider Erwarten feststecken, so kann aber bereits nach wenigen Fehlversuchen eine kleine Hilfestellung in Form einer Zeichnung eingeblendet werden.

Im Vordergrund des Spiels steht das Ausprobieren, Erforschen und das Sich-Überraschen-Lassen. Auf möglichst vielfältige Art zu scheitern ist weitaus lustiger als ein Level auf Anhieb zu meistern. Eine Welle an Einfallsreichtum schlägt einem hier entgegen, und es sind all die fabelhaften Figuren, die das Werk so liebenswert machen.

Mir hat Chuchel seht viel Freude bereitet. Mehr als verdient ist ein jeder Preis, mit dem das Spiel bisher ausgezeichnet wurde.

Die Entwickler von Amanita Design haben mich mit ihrem jüngsten Titel wieder in ihren Bann gezogen. Ich verspüre richtige Lust, die Samorost-Trilogie endlich erfolgreich abzuschließen und mich im Anschluss an Machinarium zu versuchen.

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Secret Signs

While riddles of words
Hide between the lines

These riddles of shapes
Speak in secret signs

Gerade mal vor knapp zwei Monaten hat Secret Signs des holländischen Interaction Designers Wouter Walmink das Licht der Welt erblickt. Dank eines Tweets bin ich auf dieses kleine Kunstwerk aufmerksam geworden, um dann auch sofort in Apples App Store zuzuschlagen. Zu lange schon ist es her, dass das von mir so heißbeliebte Blackbox ein Update erfahren hat, und Secret Signs sah mehr als vielversprechend aus.

Das Spiel besteht aktuell aus 24 in sich geschlossenen Rätseln, bei denen es durch Interaktion und schlichtes Ausprobieren herauszufinden gilt, was die jeweilige Aufgabenstellung überhaupt ist. Wie gesagt, „Blackbox“ lässt grüßen.

Hier ein paar Beispiele, in welcher Gestalt sich die einzelnen Level dem Spieler präsentieren.

Ich werde den Teufel tun, an dieser Stelle auch nur beispielhaft eine der Lösungen aufzuzeigen. Wer möchte, kann „Secret Signs“ kostenlos und vollkommen frei von jeglicher Werbung herunterladen und sich selbst an den ersten Kopfnüssen versuchen. Hat man einmal Blut geleckt, und das wird man, so lässt sich das vollständige Set für einen Spottpreis freischalten.

Mit der Lösung einer Aufgabe ist es aber noch nicht getan, denn ein jedes Puzzle zeigt im Nachgang an, wodurch es inspiriert wurde, und bietet für Neu- und Lernbegierige weiterführende Links in die Tiefen des World Wide Webs.

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Fazit

„Secret Signs“ ist in meinen Augen jetzt schon ein Gewinner. Und viel mehr als nur ein Ersatz, um die Wartezeit auf neue Blackbox-Level zu überbrücken. Es liegt natürlich nahe, einen Vergleich zwischen den beiden Spielen zu ziehen, aber der Schwerpunkt dieses Titels liegt nicht auf all den „versteckten“ Möglichkeiten, die ein iPhone zu bieten hat, sondern viel mehr darauf, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und in Alltagsphänomenen etwas Rätselhaftes zu entdecken.

Es bleibt zu wünschen, dass „Secret Signs“ ein Hit wird, so dass Wouter Walmink die Motivation findet, noch viele weiter Level in Form von Updates nachzureichen.

OXXO

Der Hamster auf der Cola Dose, Michal Pawlowski, meldet sich mit OXXO zurück. Ein großartiges Puzzlespiel, das genau nach meinem Geschmack ist. Minimalistisch, auf Hochglanz poliert und absolut fehlerfrei. Diesmal durfte ich erfreulicherweise gleich in die Beta einsteigen und bin immer noch begeistert mit welch hoher Qualität der in Polen ansässige Entwickler abliefert hat.

Nach Zenge und Scalak geht es bei OXXO erneut um das Verschieben, Drehen und Zusammenfügen von Plättchen. Es ist die große Kunst Michals, klassische Schieberätsel mit einem modernen Anstrich in unser digitales Zeitalter zu überführen.

Hier ein Eindruck der ersten drei Level…

Also wenn das mal nicht fantastisch aussieht, dann weiß ich auch nicht.

Klar, dass es nicht so einfach bleibt. OXXO ist das bisher schwerste Spiel aus dem Hause Hamster On Coke. An so manchem der insgesamt 102 Level der Beta hatte ich richtig zu knabbern.

Für 2,29 € ist OXXO so gut wie geschenkt. Ich deinstalliere jetzt den Beta-Build, kaufe mir die „Vollversion“ und spiele noch das Level Numero 103. Vor dem Entwickler kann ich nur meinen Hut ziehen. Danke.

VMOD

Das minimalistische Puzzle VMOD aus der Feder des deutschen Entwicklers Martin Knopf fasziniert mich. Ohne den Hauch einer Ahnung, geschweige denn eines tieferen Verständnisses, und bar einer jeden Strategie habe ich mich dennoch erfolgreich durch insgesamt 50 Level gerätselt.

Die Prämisse des Spiels könnte nicht simpler sein: „VMOD ist ein Puzzle über Seiteneffekte. Drücke die Knöpfe um sie zu aktivieren. Finde heraus, wie verschiedene Knöpfe einander beeinflussen.“

Wie alle gutgemachten Rätselspiele startet auch VMOD mit der denkbar einfachsten Herausforderung, dem Drücken zweier, unzusammenhängender Knöpfe.

Doch schnell wird es kompliziert. Schon Level 7 ist gar nicht so einfach zu lösen. Immer genau ein Knopf mag nicht so recht mitspielen.

Hier eine kleine Auswahl der Herausforderungen, die auf den Spieler zukommen:

Fazit

Für 1.09 € kann man nichts falsch machen. Wer sich gerne den Kopf zerbricht, schlichten Stil mag und sich nicht daran stört, zunächst kein Level überspringen zu können, der ist hier genau richtig aufgehoben.

Der Entwickler hat in Apples App Store noch zwei weitere Spiele im Angebot, Amoebae und Flat Jump. Ich glaube, ich muss hier mal einen Blick riskieren.