DISTRAINT: Deluxe Edition

Meine Menschlichkeit stand zum Verkauf…

…und ich verkaufte sie.

In dem Moment begann mein Abstieg.

Dies ist meine Geschichte.

Und dies sind die Dinge, die ich bedauere.

DISTRAINT erzählt die Geschichte des jungen und aufstrebenden Price, der auf eine Partnerschaft in der Firma „McDade, Bruno & Moore“ hinarbeitet. Und der zur Erreichung seines Ziels die Drecksarbeit für seinen Arbeitgeber erledigt. Denn Price ist Zwangsvollstrecker. Wer mit der Miete im Rückstand ist, oder wessen Haus für den Bau einer Autobahn weichen muss, der muss raus. Und es ist Price‘ Job sicherzustellen, dass auch ausgezogen wird.

Die Handlung des Spiels setzt in einem heruntergekommenen Apartmentkomplex ein. Price ist auf der Suche nach einer gewissen Mrs. Goodwin, die nicht mehr in der Lage ist, ihre Schulden zu begleichen. Von Tür zu Tür klopft man sich durch, bis man endlich die richtige Wohnung gefunden hat.

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Alle Beteuerungen, alles Betteln und Flehen sind vergebens, der Besitz der alten, alleinstehenden Dame wird gepfändet. So lautet nun mal das Gesetz.

Doch spurlos geht diese Art von Arbeit nicht an Price vorüber. Langsam aber sicher driftet er von seinen Schuldgefühlen geplagt in eine Welt ab, in der die Grenzen zwischen vermeintlicher Realität und Albtraum zu verschwimmen beginnen.

Der Entwickler Jesse Makkonen bewirbt sein Werk als ein „2D psychological horror adventure game.“ Und wie in jedem guten Adventure gilt es die Umgebung zu erkunden, Dialoge zu führen, Gegenstände einzusammeln und einen geeigneten Verwendungszweck für diese zu finden, um so Rätsel für Rätsel zu lösen.

Gesteuert wird DISTRAINT auf dem iPhone mit nur vier Buttons: zwei Pfeilknöpfe zum Bewegen nach Links und Rechts, ein A-Knopf für die Interaktion mit der Umwelt und ein B-Knopf zum Aufrufen des Inventars.

Ein Spiel à la Monkey Island oder Space Quest darf man aber nicht erwarten. Immer nur eine Aufgabe gilt es zu bewältigen und mehr als zwei Gegenstände gleichzeitig habe ich den gesamten Spielverlauf über nicht in meinem Inventar mit mir herumgetragen.

Allzu hoch ist der Schwierigkeitsgrad nicht. Nur an einer einzigen Stelle bin ich in knapp drei Stunden Gesamtspielzeit wirklich hängengeblieben und musste einen kurzen Blick auf einen Walkthrough werfen.

Auch wenn alle Rätsel sehr gut gemacht sind, so liegt der Schwerpunkt von DISTRAINT doch auf dem Aspekt des (Psycho-)Horrors. Kopfhörer sind ein Muss und das Spiel wartet so einige Schockmomente auf, in denen ich kurz davorstand, mir eine neue Unterhose aus dem Wäscheschrank holen zu müssen.

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Eine Grenze des guten Geschmacks kennt DISTRAINT dabei nicht. Im Verlauf der Handlung entscheidet sich der von seinem Gewissen umgetriebene Price dazu, Mrs. Goodwin aufzusuchen, die nach ihrem Rauswurf im Altenheim gelandet ist. In der Küche des Heims trifft er dabei auf den Koch, der es leid ist, immer nur Kartoffeln zubereiten zu müssen.

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Dem Mann kann geholfen werden. Denn im gekachelten Keller des Altenheims entsorgt der Hausmeister gerade einen Leichnam mit Hilfe eines Gartenhäckslers.

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Und schon hat man ein schönes Stück blutigen Fleisches, das man dem Koch zur Zubereitung überlassen kann, und das in der Pfanne gebraten den Heimbewohnern serviert wird.

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Neben weiteren blutigen Splatter-Einlagen und Schrecksekunden attackiert DISTRAINT aber vor allem die Psyche des Spielers. Oft reichen schon die Zeichnungen, untermalt von einer passenden Geräuschkulisse, aus, um ein Unbehagen auszulösen. Das sind Orte, an denen man einfach nicht sein möchte. Und nie kann man sich sicher sein, was als Nächstes passieren wird.


Beim Durchsehen der Screenshots für diesen Blogpost wurde mir erst klar, um was für ein abgedrehtes Spiel es sich handelt. So hatte ich zu Beginn eine Szene festgehalten, die mich irgendwie an das Finale erinnert. Ein kurzer Vergleich der Bilder genügt, um mir die Augen zu öffnen: Hier schließt sich wirklich ein Kreis, den ich ohne den Rückblick nicht wahrgenommen hätte. Das ist großartig gemacht und führt zu einem weiteren Knoten im Hirn.

DISTRAINT kann ich ohne Wenn und Aber empfehlen. Das Spiel ist gefüllt mit einzigartigen Handlungsorten und Charakteren. Schon die einleitenden Worte vermögen zu fesseln und Price‘ Geschichte und seine Entwicklung bleiben bis zum Ende spannend und abwechslungsreich. Auch wenn dies der Stoff ist, aus dem Albträume gemacht werden. Ein wirklich toller Titel, über den ich froh bin, ihn im App Store entdeckt zu haben.

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My Child Lebensborn

„Warum spielst Du denn so etwas?“ fragt mich meine Arbeitskollegin, als ich ihr in einer Kaffeepause von My Child Lebensborn erzähle. „So etwas zieht einen doch voll runter.“

Tja, warum nur?

Lebensborn ist die Geschichte des kleinen Klaus (oder aber der kleinen Karin, sollte man sich zu Beginn des Spiels für ein Mädchen entscheiden), der am 18.August 1944 in Hammerstad, Norwegen das Licht der Welt erblickt. Als Kind einer Norwegerin und eines deutschen Soldaten wird er aus Scham von seiner Mutter zunächst in das Lebensborn-Heim „Gofthaab“ gegeben, von wo aus er in die Obhut seiner deutschen Großeltern nach Dresden gelangt. Nach Kriegende wird Klaus von dem norwegischen Roten Kreuz dann in Deutschland ausfindig gemacht und zurück nach Norwegen gebracht. Seine leibliche Mutter, die inzwischen mit einem Norweger verheiratet ist, will den Jungen aber nicht zurück, und so wird Klaus 1948 letztendlich zur Adoption freigegeben.

Die Handlung des Spiels setzt genau einen Tag vor Klaus‘ siebten Geburtstag ein, und in knapp fünf Stunden Spielzeit wird man kapitelweise an einem Lebensjahr des Jungen teilhaben. Die Rolle, in die man als Spieler dabei schlüpft, ist die der alleinerziehenden Adoptivmutter.

Der erste Tag im Spiel dient zugleich als Tutorial, das den Spieler mit der grundlegenden Spielmechanik vertraut macht, dem Management von Ressourcen. Essentiell für Klaus‘ Wohlergehen sind Nahrung, Hygiene und Zuwendung. Eine jede Aktion, sei es das Zubereiten des Frühstücks, das Einlassen der Badewanne oder aber das Vorlesen einer Gute-Nacht-Geschichte, verbraucht dabei einen Teil des zur Verfügung stehenden Zeitkontingents.

Sind die Stunden eines Tages vollständig ausgeschöpft, so verbleibt nur das Löschen der Schlafzimmerlampe, das Spiel speichert automatisch zwischen und ein neuer Tag bricht an.

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Neben der Zeit ist Geld die zweite knappe Ressource im Spiel. Um in der wirtschaftlich angespannten Nachkriegszeit über die Runden zu kommen, muss man bei der ersten sich bietenden Gelegenheit Arbeit in der örtlichen Fabrik annehmen. Die dort anfallenden Überstunden zurren das sowieso schon enge Zeitkorsett weiter zusammen. Schon bald wird man zum Beispiel vor die Entscheidung gestellt, ob man lieber mit Klaus ein Bild malen möchte oder aber nicht doch besser die Löcher in seinen Hosen und Pullis stopft.

Und ehe man es sich versieht, ist es plötzlich für das Vorlesen der Lieblingsgeschichte viel zu spät geworden und man sieht sich gezwungen Klaus auf den nächsten Tag zu vertrösten.

Auch wenn ein jeder Tag wohl überlegt sein will, schnell hat man den Dreh raus. Man geht Einkaufen, arbeitet in der Fabrik, erledigt den Haushalt, kocht für den Jungen und bringt ihn ins Bett. So weit so gut…

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…doch mit dem von Klaus so sehnlich erwarteten Tag der Einschulung beginnt ein Leidensweg für den aufweckten und fröhlichen Buben, der einem die Kehle zuschnürt. Es ist gut, dass „My Child Lebensborn“ in so kurzen Abschnitten abläuft. Oft musste ich das Spiel beiseitelegen und den dicken Klos in meinem Hals runterschlucken.

Schon Klaus‘ erster Schultag verläuft nicht wie erwartet. Bisher hat seine Herkunft für ihn keine Rolle gespielt, aber seine Klassenkameraden lassen ihn von Anfang an spüren, dass er anders als die anderen norwegischen Kinder ist.

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Klaus wird ausgegrenzt, gehänselt und beschimpft. Zunächst hilft nur gutes Zureden: „Kopf hoch, das wird schon.“, „Konzentriere dich auf den Unterricht.“, „Die anderen Kinder müssen dich erst kennenlernen.“ Aber wie schlimm es wirklich werden wird, davon hat man diesem Zeitpunkt noch nicht den Hauch einer Ahnung.

Jeden Abend, wenn man von der Fabrikarbeit nach Hause kommt, hat man Angst, was Klaus heute von seinen Mitschülern angetan wurde. Viele der Wendungen im Spiel sind dabei vorherzusehen. Zum Beispiel, dass die Schultasche, die sich der Junge so sehr wünscht und die man mit der sowieso schon knappen Haushaltskasse finanzieren muss, von den anderen Kindern kaputt gemacht wird. Oder aber, dass Klaus heimlich Geld aus dem für Weihnachten geplanten Sparschwein entwendet, um sich mit Süßigkeiten Freunde zu erkaufen. Ein Plan, der natürlich von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist.

Einziger Lichtblick sind die Wochenenden, an denen Klaus nicht in die Schule muss. Endlich hat man Zeit, sich um den Jungen zu kümmern, mit ihm in den Wald zu gehen, um Pilze zu sammeln, oder einen Angelausflug zu unternehmen. Aber was sind schon zwei Tage kleines Glück im Vergleich zu fünf Tagen Hölle auf Erden.

Auch von den Lehrern ist keine Unterstützung zu erwarten. Die einzige Lehrkraft mit Herz, die sich dem Jungen annimmt und ihn fördert, ist Herr Berg, der jedoch aufgrund seiner Menschlichkeit kurze Zeit später zwangsversetzt wird. Auch für ihn ist hier kein Platz.

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Was mich vollkommen runtergezogen hat, sind all die Kinderzeichnungen, die man im Verlauf des Spiels immer wieder im Haus verteilt findet. Malt der Junge zu Beginn noch sich und seine Freundin Liv unter dem Regenbogen…
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…so offenbart das Fenster in seine zerbrechliche Kinderseele immer tiefer werdende Abgründe.

Recht bald beginnt Klaus, der sich nur noch bruchstückhaft an seine Zeit in Deutschland zu erinnern vermag, nach seiner wahren Herkunft zu fragen.

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Was soll man ihm schon sagen? Ich habe mich dafür entscheiden, so ehrlich wie nur möglich mit dem Jungen zu sein. Ich schreibe Briefe an seine Mutter und nehme Kontakt mit ihrer Schwester auf, die wirklich nett zu sein scheint. Aber alles hilft nicht. Klaus ist einfach nicht erwünscht. Ein absoluter emotionaler Tiefpunkt ist ein von seiner Tante arrangierter Besuch bei seinen norwegischen Großeltern. Klaus‘ erste Zugfahrt endet in einem seelischen Desaster.

„Wenn der Balg dort auftauchen würde, würden sie ihm den Kopf abhacken!“. Die Lage ist einfach hoffnungslos. Und doch muss Klaus tagein tagaus in die Schule. Nur wenige Tage kann man ihn krank zu Hause lassen.

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Ein jeder Abschnitt von „My Child Lebensborn“ endet mit der Zusammenfassung der Entscheidungen, die man als Spieler getroffen hat.

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Viele davon würde ich immer wieder so treffen. Aber so manches Mal bin ich mir nicht sicher, ob ich wirklich das Richtige getan habe. Vor allem, wenn mir das Spiel als direkte Rückmeldung einblendet, dass ich mit meinen Worten Klaus‘ Herz verhärtet habe. Die meiste Zeit habe ich mich für die Wahrheit entschieden und dafür, so positiv und ehrlich wie nur möglich zu sein. Aber alles konnte ich dem Jungen dann doch nicht sagen. Eines Tages wird er vielleicht die Zeilen lesen, die ich in meinem Tagebuch an ihn gerichtet habe, und besser verstehen, was ihm jetzt einfach nicht erklären kann.

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Klaus schottet sich immer weiter ab. War es einem möglich, ihn durch das Streicheln seines Kopfs ein wenig aufzumuntern, so will der Junge irgendwann nicht mehr berührt werden. Kein zärtliches Tätscheln, keine Badewanne, keine Gute-Nacht-Geschichte. Klaus zieht sich vollkommen in sich zurück. Einen Ausweg gibt es nicht, oder doch?

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Ein Hilferuf an Klaus‘ leiblichen Vater, den man über diverse Umwege ausfindig machen konnte, ist die letzte Idee. Auch er ist inzwischen verheiratet, hat Familie und Klaus kann nicht zu ihm. Aber mit dem Geld, das Heinz Berg aus Deutschland schickt, ist man endlich in der Lage von diesem schrecklichen Ort wegzuziehen.

Das Spiel endet am Tag, an dem der norwegische König das kleine Städtchen besucht. Vom Wald aus wirft man zusammen mit Klaus einen letzten Blick auf die Parade. So sehr hatte sich der Junge auf diesen Tag gefreut, dass man ihm seinen Wunsch einfach nicht abschlagen kann.

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Und dann bricht man gemeinsam in eine ungewisse Zukunft auf. In der Hoffnung an einem anderen Ort neu starten können. Wo niemand etwas über Klaus‘ wahre Herkunft weiß. Wo ihn niemand quälen wird. Wo er aufwachsen kann, wie er es verdient. Wo er gut in der Schule sein kann, Freunde finden und endlich die glückliche Kindheit erleben kann, die man ihm so sehr wünscht.

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Tja, warum habe ich das also gespielt? Ich denke, diese Frage muss umformuliert werden? Warum hat nicht ein jeder „My Child Lebensborn“ gespielt?

Das Spiel endet mit kurzen Erfahrungsberichten von real existierenden Leidensgenossen des kleinen Klaus.

Oh wie grausam können Menschen nur zueinander sein! Zu Mädchen und Jungen, die rein gar nichts verbrochen haben. Und deren einzige „Schuld“ darin besteht, das Kind einer Norwegerin und eines deutschen Soldaten zu sein. Und ein jeder kennt so ein Kind. Die Sängerin der Band ABBA, Anni-Frid Lyngstad, ist die Tochter eines deutschen Wehrmachtssoldaten, den sie erst 1977 kennengelernt hat!

Wer mehr über die Lebensborn-Kinder und ihr Schicksal erfahren möchte, der startet am besten auf Wikipedia. Ein dunkles Kapitel unsere Geschichte, das nicht in Vergessenheit geraten darf. Das ist das Mindeste, was man für den kleinen Klaus tun kann. Und seine Geschichte „spielen“.

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Baphomets Fluch – Die Spiegel der Finsternis: Remastered

Alle Titel meiner Sammlung durchzuspielen, von diesem Gedanken habe ich mich schon lange verabschiedet. Immer wieder kommen neue Spiele hinzu und der über die Jahre angehäufte Berg nimmt folglich nur sehr langsam ab. Dennoch hat das Führen dieses Blogs wahrlich seine guten Seiten. Habe ich früher vieles gekauft, ohne es auch nur anzuspielen, so erschrecke ich mich vor der Disziplin, die ich inzwischen an den Tag lege, manchmal sogar selbst. Knapp neuneinhalb Spielstunden, verteilt auf sechs Tage, habe ich benötigt, um Baphomets Fluch – Die Spiegel der Finsternis erfolgreich abzuschließen. Und kaum ist der Abspann durch, beginne ich auch schon die ersten Zeilen meines Reviews in die Tastatur zu hacken.

Aber genug des Eigenlobs, Zeit sich dem Spiel zuzuwenden. Bei „Die Spiegel der Finsternis“ handelt es sich es sich um den zweiten Teil der „Baphomets Fluch“-Serie, die inzwischen auf insgesamt fünf Titel angewachsen ist. Gespielt habe ich übrigens nicht das Original aus dem Jahre 1997, sondern die rund dreizehn Jahre später erschienene Remastered Edition. Bis auf wenige hakelige Stellen ist das Ganze vorbildlich für iOS umgesetzt und funktioniert bestens auf dem kleinen Screen meines iPhones.

Hauptpersonen des klassischen Point & Click Adventures sind erneut der Amerikaner George Stobbart und die Französin Nicole Collard, zeitlich ist die Handlung nach den Ereignissen des ersten Teils angesiedelt.

Hatte Baphomets Fluch 1 noch mit einem romantischen Happy End am Fuße des Eiffelturms geendet, so beginnt die Fortsetzung mit einem deutlich abgekühlten Verhältnis der beiden. George sah sich gezwungen, für einige Zeit nach Amerika zurückkehren, um sich um seinen im Sterben liegenden Vater zu kümmern. Sechs Monate später ist er nun wieder zurück in Paris, doch anstelle der erhofften Begrüßung wird er von Nicole ohne Umwege in die Villa eines renommierten Mittelamerika-Forschers namens Oubier geschleppt. Es geht um einen ominösen Stein der Mayas, der der Reporterin im Zuge ihrer Recherchen in die Hände gefallen ist.

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Schon beim Tritt durch die Tür beschleicht George ein mulmiges Gefühl. Irgendetwas stimmt hier nicht. Und es kommt wie es kommen muss. Hinterrücks wird er niedergeschlagen, Nicole mit einem Pfeil betäubt und entführt. George erwacht gefesselt an einen Stuhl, eine giftige Tarantel krabbelt auf ihn zu, und wäre das noch nicht genug, so steht zu allem Überfluss ein Teil des Kaminzimmers bereits in Flammen.

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Das große Rätseln kann beginnen, in dessen Verlauf die beiden Hauptdarsteller von Paris über Marseille und London, bis in die Karibik sowie in eine fiktive Bananenrepublik namens Quaramonte verschlagen werden. Nach schier unzähligen Puzzles findet der spektakuläre Showdown dann im Inneren eines Maya-Tempels statt. Es gilt der Rückkehr einer bösartigen Gottheit, gefangen im Geisterreich, Einhalt zu gebieten.

Fazit

Gute Point & Click Abenteuer zu spielen macht einfach immer Spaß. „Die Spiegel der Finsternis“ ist da keine Ausnahme. Toll sind all die handgezeichneten Animationen und ein jeder Handlungsort ist äußerst stimmungsvoll. Das ist eine meiner Lieblingsszenen:

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Sieht das nicht wunderschön aus? Hier noch weitere Eindrücke, die zeigen, wie vielfältig, liebevoll und detailreich all die Handlungsorte gestaltet sind.

Und auch die Zwischensequenzen fügen sich bestens ein. Sogar ein wenig 3D-Rendering durfte nicht fehlen. Wobei mir nicht ganz klar ist, warum nur eine einzige Szene von dieser Technologie Gebrauch macht.

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Der Humor, der bereits den ersten Teil der Serie ausgemacht hat, wurde beibehalten und geht auch in der deutschen Übersetzung nicht verloren. Dabei darf auch die eine oder andere Anspielung an Baphomets Fluch 1 nicht fehlen. Hat hier irgendwer „Ziege“ gesagt?

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Was im zweiten Teil jedoch leider ein wenig gelitten hat, ist die Qualität der Rätsel. Manches ist schlicht zu einfach und Gegenstände im Inventar kommen mitunter mehrfach zum Einsatz. Das ist etwas, dass ich in Point & Click Adventures nicht so gerne mag.

Dann gibt es auch viele Stellen im Spiel, die ihr Potential einfach nicht ausreizen. Wer keine Spoiler mag, der möge die nachfolgenden Abschnitte bitte überspringen!

An einer Stelle des Abenteuers durchsucht man in der Rolle Georges ein zum Piraten-Museum umfunktioniertes Herrenhaus nach dem entscheidenden Hinweis auf den Verbleib eines weiteren Maya-Steins. Soviel Gegenstände befinden ich im Raum: ein Fass, eine Schiffsglocke, ein Steuerrad, das Porträt des Piraten und vieles mehr. Leider sind dies alles nur Attrappen. Fast das gesamte Rätsel lässt sich durch das schlichte Führen von Dialogen lösen.

Oder aber diese Szene in einem Londoner Museum. Der dritte Maya-Stein wurde gerade aus seiner Vitrine gestohlen und Nicole muss so lange am Tatort verweilen, bis die Polizei eingetroffen ist. Es gilt also einen Weg am Wächter vorbei zu finden. Nichts davon, was möglich gewesen wäre, wird umgesetzt.

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Man nehme schlicht den Schlüssel, der noch in der geöffneten Vitrine steckt, sperre einen weiteren Glaskaten auf und entnehme einen Dolch. Mit diesem wiederum hebelt man die Tür des Notausgangs auf, der sich hinter dem Vorhang verbirgt. Das ist alles. Weder das Telefon, noch die Statuen und Vasen, sowie die beiden japanischen Touristinnen spielen irgendeine Rolle. Oft fühlt sich „Die Spiegel der Finsternis“ so an, als ob man eine Easy-Version spielen würde, die bewußt all die knackigen Rätsel abkürzt.

Und dann sind da noch die wahren Nervtöter. Zum einen der Abschnitt im Dschungel, der zu 90% aus Herumlaufen besteht. Und hat man dann alle Rätsel gemeistert, so ist es ein Leichtes, die Lösung zu übersehen.

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Wer kann mir nach eingängigem Studium dieses Screenshots verraten, wo sich denn das gesuchte Versteck des Maya-Steins befindet? Das war die einzige Stelle im Spiel, an der ich mich gezwungen sah, auf das eingebaute Hilfesystem zurückzugreifen. Alles richtig gemacht, die Lösung vor Augen und dennoch einfach zu klein, um sie erkennen zu können.

Ach, und dann ist da noch das Rätsel mit den Steinscheiben im Inneren des Maya-Tempels. 95% des Spiels liegen zu diesem Zeitpunkt bereits hinter einem. Und dann das da!

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Drehen, drücken, drehen drücken, drehen….Das ist einfach nur ein unnötiges Hinauszögern des unvermeidlichen Endes.

Sterben kann man übrigens auch. Das ist jetzt nichts Neues. Auch in den Indiana Jones Abenteuern gibt es so einige Stellen, an denen man ins Gras beißen kann. Dennoch in meinen Augen einfach nur nervig.

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Größte Schwäche des Spiels ist jedoch das automatische Speichersystem. Hat man eine Stelle im Spiel offensichtlich gelöst, und oft sogar den Handlungsort gewechselt, so ist man nach einer längeren Pause gezwungen, die letzte Szene noch einmal zu spielen. Das ist mir unzählige Male passiert.

Trotz all dieser Pferdefüße hat mir der zweite Teil der Serie sehr viel Freude und so einiges an Kopfzerbrechen bereitet. Auf alle Fälle will ich wissen wie es weitergeht. Nicole und George sind einfach viel zu sympathische Charaktere, als dass ich Baphomets Fluch nun zur Seite legen könnte. Ich freue mich auf den dritten Teil.

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