Über Journey in seiner Gesamtheit möchte ich hier nicht schreiben. Keine großen Worte zur Story, Spielmechanik oder Entstehungsgeschichte. Vielmehr über einen besonderen Moment im Spiel, der mich tief bewegt hat. Dabei handelt es sich nicht um einen Plot-Twist, Jump-Scare oder ähnliches. Sondern um ein Erlebnis, das von den Machern so gut vorbereitet und inszeniert wird, dass es mich ohne Vorwarnung mitten ins Herz getroffen hat.
Achtung! Wer die Reise durch eine mysteriöse Welt noch selbst erleben möchte, der höre hier auf zu lesen. Denn es geht um das Ende des Spiels.
…
…
…
…
Es handelt sich um denjenigen Moment, in dem man nach beschwerlichem Aufstieg am Berg im Schneegestöber steckenbleibt und voller Erschöpfung zusammenbricht. Wenn all die Anstrengungen des bisherigen Weges als umsonst erscheinen. Wenn alles als verloren gilt und man sich nicht vorstellen kann, was jetzt noch folgen soll. Und sich damit abzufinden beginnt, dass so die Reise zu ihrem Ende kommt. Hat man vielleicht den falschen Weg gewählt? Und wird nun mit dem schlechten Ende des Spiels „belohnt“. War vielleicht der Schal zu kurz, und man hätte einfach nur mehr Energie benötigt, um weiterzukommen?

Knappe 20 Sekunden liegt man in der absoluten Stille des weißen Nichts, eine gefühlte Ewigkeit. Doch plötzlich beginnen sich die Umrisse der Ahnen schemenhaft im Hintergrund abzuzeichnen und leise setzt die Musik wieder ein.

Es ist der Moment, in dem man zu hoffen beginnt, dass der Tod vielleicht doch nicht das Ende der Reise ist. Das es so gekommen ist, wie es kommen musste. Und die Vorfahren die ganze Zeit über auf unsere Ankunft gewartet haben. Uns den Pfad gewiesen und gehofft haben, wir mögen den Weg zu ihnen finden.
Noch einmal verstreichen 20 Sekunden, bis der Reisende, den man spielt, sich zu erheben beginnt. Auch wenn es nicht explizit dargestellt wird, so ist es für mich nicht der Körper, sondern die Seele, die sich, erfüllt von neuer Energie, aufzurichten beginnt.
Es folgt der Aufstieg, die „Apotheosis“. All die Anstrengung und Verzweiflung weichen, weggeblasen von einem Rausch der Geschwindigkeit. Ohne Kontrolle rast man dem Licht entgegen, untermalt von sich dramatisch zuspitzender Musik.

Mit einem Schlag findet man sich in einer Welt wieder, die so ganz anders ist als alles, was man bisher im Spiel erlebt hat. Keine Sandwüste, keine Ruinen, kein Schneegestöber. Kein beschwerliches Laufen mehr, immer auf der Suche nach neuer Energie und dem richtigen Weg durch die Ödnis.

Einfach nur Leichtigkeit und pure Freude. Untermalt von einem Soundtrack, der all dies zum Ausdruck bringt. Eine Melodie, die sich stetig steigernd ihrem Höhepunkt entgegeneilt.
Bis man an das wirkliche Ende der Reise gelangt.

Erneut ein grelles Licht. Nur wird man diesmal nicht einfach eingesogen wie zuvor. Vielmehr besitzt man nun die volle Kontrolle über den Reisenden. Es ist ein bewusstes Durchreiten des letzten Tores.
Als ich zum ersten Mal an diesem Punkt meiner Reise angekommen bin, musste ich weinen. Vollkommen überwältigt von all den Gefühlen, die das Spiel in diesem Moment in mir ausgelöst hatte. Am liebsten wäre ich stehengeblieben.
Vielleicht war es die Konfrontation mit der eigenen Sterblichkeit. Die Hoffnung auf ein Leben danach, ohne Leid und Beschwernis. Die Sehnsucht nach all den Lieben, die bereits von uns gegangen sind, die mich so bewegt hat. Es war wie ein Schlag aus heiterem Himmel, der mich einfach umgehauen hat.
Mit der Erinnerung an diesen Moment habe ich vor kurzem „Journey“ ein zweites Mal in Angriff genommen. Zum einen wollte ich das Spiel meinen beiden Jungs zeigen. Zum anderen wollte ich wissen, ob diese Szene immer noch die gleiche Wirkung auf mich hat. Trotz des Wissens, was genau passieren wird. Und ja, auch dieses Mal bin ich von feuchten Augen und einem Klos im Hals nicht verschont geblieben.
Ein YouTuber namens Max Derrart veröffentlicht auf seinem Kanal Videos mit Titeln wie „The Most Profound Moment in Gaming History“. Mein Moment ist ganz klar das Ende von „Journey“.